Rückblick auf das 3.  Freiburger Super-8-Festival vom 27.03.99
 
'Völlig Abgedreht!', die Dritte!

Völlig Abgedreht! entwickelt sich mehr und mehr zu einem stabilen Programmpunkt im Freiburger Kulturleben. Bereits zum dritten Mal fand am 27. März 1999 diese Veranstaltung statt, auf der jeder Super 8 Filmer seine Werke unzensiert vor Publikum vorführen kann. Herr Hertel und ich vor dem Bolex Endlosläufer SM8 im Foye.
Erstmals fand die Veranstaltung im Kino Podium des UFA-Arthouse Harmonie nicht ab 23:00 Uhr, sondern schon ab 20:30 Uhr statt; doch bereits um 18:30 Uhr warfen zwei alte S8-Projektoren werbende Endlosfilmschleifen an die weißen Wände des Kinofoyers und sorgten dafür, dass das Aufbauteam in Gespräche mit Passanten verwickelt wurde, die einerseits ihren Kindern zeigen wollten, wie sie selbst früher Filme gedreht haben, oder erstaunt fragten, ob es denn Super 8 überhaupt noch gebe? Unsere Antworten zum positiven Status quo sorgten oftmals für erstaunte Blicke.

Das Podium war wie bisher über Platz besucht, so dass es sich einige Zuschauer in den ersten drei Reihen auf den inzwischen schon traditionellen Sitzkissen   gemütlich machen durften. Das Publikum war diesmal von der Demographie her wild gemischt: Das Altersspektrum reichte ausgeglichen verteilt von 20jährigen Studenten bis zu 80jährigen Ex-Mitgliedern des Freiburger Filmclubs. Bei angenehm aufgeschlossener und mit Szenenapplaus Blick ins Podiumfast schon ausgelassener Atmosphäre sah man sich nahezu zwei Dutzend Filme an: Wie immer mittels eines (diesmal brandneuen und für die Veranstaltung von Sponsor und Förderer Robert Volz zur Verfügung gestellten) Beaulieu 708 mit HTI-Lampe auf circa 4 mal 5 m Größe projiziert.

Bemerkenswert ist, dass diesmal fast ausschließlich ambitioniertere Filmarbeiten, insbesondere von jungen, studentischen Filmern vorgeführt wurden und man nicht mehr alte Familienfilme abnudeln ließ.
An erster Stelle sind da zweifelsfrei die hervorragenden Trickfilme von David Pfluger zu nennen, die vom Publikum zu Recht mit dem ersten Preis, nämlich 5 Kodak Kodachrome 40 T  (7268), prämiert wurden. David Pfluger hat in seiner Heimatstadt Basel übrigens selbst eine jährlich im Januar stattfindende Super 8 Veranstaltung ins Leben gerufen!
Der HFF-Student Fridolin Schley führte, extra aus München nach Freiburg angereist, seinen Film Schlagschatten vor, in welchem sich die Blicke eines Mannes und einer Frau flüchtig kreuzen und beide nach diesem kurzen Aufeinandertreffen geistig nicht mehr voneinander lassen können. Wer das Vergnügen hatte, schon einmal mit Studenten der Hochschule für Fernsehen und Film zusammenzuarbeiten, kann sich die Ästhetik dieses Schwarz/Weiß-Filmes und seiner inhaltlichen Aussage gut vorstellen.
Für viel Gelächter sorgte der Film Männer von Barbara Schultz, in dem die junge Autorin das männliche Geschlecht und ihre Posen und Gestiken humoristisch auf die Schippe nahm.Zwischen den Projektoren
Für Aufsehen sorgte hingegen der Film Die im Dreck verrecken, ein von damals circa 18jährigen Jungs gedrehter Kriegsfilm, der mit aufwendigen Blut-, Stunt- und Pyroeffekten wie dem Absägen eines Beines, explodierenden Molotow-Cocktail und brennenden (lebenden!) Darstellern aufwartete.
Clubmitglied Dieter Allers hatte seinen auf dem BFCI-Clubtreffen in Lübeck 1997 vorgeführten Film Die Werbung als Verführer der Sinne eingesendet, der auch mit viel Applaus in Erinnerung an die abgefilmten alten Reklamen und Produktnamen vorgeführt wurde.
Seitens der ehemaligen Freiburger Filmclubkreise wurden Filme über das Bötzinger Freibad, den Basler Morgestraich sowie die Messe Freiburg vorgeführt, also alles lokale Themen, die gerade aufgrund ihres zeitlichen Rückblickes von den jüngeren Zuschauern mit Interesse gesehen wurden. Frau Elisabeth Hahn, die schon mit Klaus und Erika Beer in Thailand gefilmt hat, zeigte zwei ihrer kurzen Komödien.

Der Themenschwerpunkt "Werbung", den Herbert Schmelzer ursprünglich eingerichtet hatte, um "...an der Qualität der Beiträge [zu] feilen...", stieß auf keine große Resonanz. Nur vier Filme zu diesem Thema wurden eingereicht. Christoph spult fleißig die Filme zurück.
Überdies erwiesen sich die wohl aus der letzten Völlig Abgedreht!-Veranstaltung stammenden Sorgen um das Niveau der Beiträge als völlig unbegründet. Man kann sich vielmehr schon auf die nächste Super 8 Nacht freuen, die, wenn die Stadtverwaltung von Freiburg mitspielt, im Sommer 1999 open-air auf dem Augustinerplatz im alten Stadtkern stattfinden soll und so zweifelsfrei zu einem publikumswirksamen Kulturereignis in Freiburg werden kann.

Michael Lehnert

°1) Vgl.: "Völlig abgedreht" - die Zweite! in BeaulieuMagica 4/98