Filmvertonung fest im Griff
Richtiger Geräteeinsatz und methodisches   Arbeiten sind die Voraussetzungen für einen perfekt gestalteten Tonfilm – 2.Teil

von KARL H. LEONHARDT


 Zum besseren Verständnis dieser Ausführungen ist es angeraten, dass wir uns noch einmal mit dem 1.Teil dieses Artikels befassen, der in der Ausgabe 1/99 der BeaulieuMagica abgedruckt wurde. Dort hatte ich mich zuletzt mit den 4–Kanalgeräten beschäftigt und ihre besondere Eignung für die Filmvertonung hervorgehoben, weil man mit ihnen am einfachsten und elegantesten arbeiten kann.
Wir setzen also dort fort, wo wir gerade unser Band mit dem Leittext eingelegt haben. Der Leittext liegt auf Spur 1, und wir merken uns, dass der Leittext auf jeden Fall auf einer Randspur liegen sollte.
Auf eine der drei freien Spuren wird jetzt der Kommentar überspielt. Ich suche auf dem 4-Kanalband mit Hilfe des Leittextes die Stelle, wo der Kommentar hingehört. Der gerade davor befindliche Impuls (Blopp) sagt mir, wo ich das 4-Kanalband stoppen muss. Auf dem Kommentarband habe ich nun T1. Dies dient nur zur Orientierung, darf also keineswegs überspielt werden. Das Zuspielgerät wird auf der Pause nach T1 gestoppt. Am 4-Kanalgerät wird nun die Kommentarspur auf „Aufnahme" gestellt, und beide Geräte werden gestartet (ich starte das Zuspielgeräte einen Zeithauch vor dem Aufnahmegerät).
Natürlich musste man vorher die Aussteuerung kontrollieren. Falls man bei der Aufnahme des Kommentars gut ausgesteuert hatte, braucht man beim Überspielen die Einstellungen nicht mehr zu verändern. Mit T2 bis TN wird entsprechend verfahren. Auf diese Weise hat man den Kommentar ohne Versprecher und szenengenau auf dem 4-Kanalband.

Geräusche und Synchronität

Die Geräusche lassen sich entsprechend auf eine andere freie Spur aufspielen. Dabei macht eine Sache etwas Mühe. Soll z.B. das Zuschlagen einer Tür punktgenau vertont werden, so muss natürlich der Zeitpunkt des Zuschlagens durch einen Impuls (Blopp) gekennzeichnet sein.
Das Zuschlagen einer Autotür lässt sich am besten durch das Zuschlagen eines dicken Buches imitieren. Um das Zuschlagen punktgenau aufspielen zu können, muss man entweder zwei weitere Impulse  in gleichen Zeitabständen vor dem Zuschlagen aufgespielt haben, oder man kennzeichnet die schwarze Tonbandrückseite mit einem weißen Stift oder Aufkleber. Zunächst muss man dazu den Impuls, der das Zuschlagen kennzeichnet, vor den Aufnahmekopf bringen, der in diesem Fall durch die Synchronschaltung ja als Wiedergabekopf dient. Das geschieht in der Editierstellung im Handbetrieb. Dann sucht man sich eine Stelle, an der das Tonband über eine längere Strecke gut beobachtet werden kann (am besten links der Tonköpfe). Falls dort keine feste Markierung vorhanden sein sollte (Umlenkrolle oder –stift), bringt man eine an, und durch einen weißen Strich oder Aufkleber auf der schwarzen Rückseite wird diese Stelle auf dem Tonband gekennzeichnet.
Falls das Gerät keinen Synchronschalter hat, muss diese Kennzeichnung im Abstand  „Aufnahmekopf – Wiedergabekopf" rechts neben der Markierung auf der Tonbandrückseite angebracht werden. Nun ist es möglich, vor einem Mikrofon das Buch in dem Augenblick zuzuklappen, in dem der Aufkleber die Markierung passiert. Es empfiehlt sich, das ganze vor der Aufnahme zu üben.
Da ein solches Punktgeräusch gewöhnlich mit Hintergrundgeräuschen gemischt werden soll, muss man diese auf einer weiteren freien Spur aufnehmen. Die Musikspur ist ja frei, wenn beachtenswerte Geräusche zu hören sind. Ich nehme auch gern die Lücken auf der Kommentarspur für Punktgeräusche in Anspruch. Noch angenehmer wäre es, hätte man noch mehr als vier Spuren zur Verfügung. Aber mit einiger Überlegung kann man mit vier Spuren eine sehr anspruchsvolle Filmvertonung hinkriegen. Für eine entsprechende Vertonung in Stereo braucht man allerdings acht Spuren (Kanäle).
Im weiteren Verlauf der Vertonung wird ein weiterer Vorteil der vier Spuren klar: Kein Mensch arbeitet absolut fehlerfrei. Wenn also Korrekturen auf einer Spur notwendig werden, bleibt auf den anderen Spuren das vorher Aufgenommene völlig unberührt.

Synchronprobleme

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass man eigentlich schon bei der Überspielung des Kommentars auf die 4-Kanalmaschine den Abstand zwischen Aufnahme- und Wiedergabekopf hätte berücksichtigen müssen. Zwar ist die dadurch entstehende Zeitdifferenz von weniger als 0,2 Sekunden gering, vielleicht sogar gerade richtig als Verzögerung für den Beginn des Kommentars nach dem Szenenanfang. Doch wie ist es aber, wenn ein punktgenaues Geräusch überspielt werden muss? Zu diesem Zweck hat die von mir benutzte Sony-4-Kanalmaschine für jeden Kanal einen Synchronschalter, der den Aufnahmekopf auf Wiedergabe schaltet. Er liefert zwar nur eine geringe Tonqualität, garantiert aber absolute Synchronität. Vorgesehen sind diese Schalter für das sog. Playbackverfahren: Nur damit ist z.B.  ein Sänger in der Lage, mit dem Kopfhörer die begleitende Musikband zu hören und synchron dazu  über das Mikrofon zu singen.

Einsatz eines Mischpultes

Liegt nun das fertig bespielte Vierspurband vor, sollte man zunächst die drei Nutzspuren kontrollieren, ehe man sie mischt. Jede Spur lässt sich korrigieren, ohne das Aufgenommene auf anderen Spuren zu beeinträchtigen. Nun wird der Ton auf den drei Nutzspuren mit einem Mischpult abgemischt und dabei mit einem Habspurgerät aufgenommen. Die Arbeit mit der sog. Tricktaste sollte man vergessen, weil die Tonqualität zu stark vermindert wird!
Selbstverständlich wird wieder mit der größtmöglichen Geschwindigkeit (19cm/sec) aufgenommen. Aus Qualitätsgründen arbeite ich wieder mit einem Halbspurgerät (Revox A77, B77): Auf der zweiten Spur wird parallel dazu der Ton der „Leittext- und Impulsspur" aufgenommen. Es ist darauf zu achten, dass diese Spur nur schwach ausgesteuert wird, damit nicht die geringste Gefahr des Übersprechens besteht. Früher geschah es manchmal, dass bei ganz leisen Stellen des Nutztones ein von mir zu laut aufgenommener Impuls der Leittextspur den Nutzten störte.
Das Mischpult habe ich übrigens selbst gebaut. Falls Interesse besteht, bin ich gerne bereit, das Schaltbild zur Verfügung zu stellen.
Wer anstelle des Tonbandgerätes mit einem Vierkanal-Cassettengerät arbeitet, hat in der Regel bereits ein integriertes Mischpult zur Verfügung. Die geringe Bandgeschwindigkeit der Cassetten wird  durch hocheffektive Rauschunterdrückungssysteme kompensiert.
Es ist durchaus möglich, auch mit Cassettengeräten guten Filmton zu produzieren. Leider habe ich aber keine Erfahrungen mit solchen Geräten sammeln können.

Tonabmischen und Überspielen

Der abgemischte Filmton muss jetzt über Lautsprecher abgehört und beurteilt werden. Ist man nicht zufrieden, kann man die Abmischung beliebig oft wiederholen. Selten war ich dabei mit der ersten Mischung zufrieden. Ist das Endergebnis  akzeptabel, liegt damit unser Masterband vor, ohne das der Film bis hierher durch die intensive Vertonungsarbeit strapaziert oder in Mitleidenschaft gezogen wurde. Hat man mit Perfoband gearbeitet, kann man den Film sofort synchron im Zweibandverfahren vorführen. Anderenfalls muss der Ton zuvor noch auf die Piste überspielt werden.Sony TC 510
Zum Überspielen auf die Piste braucht man entweder einen Projektor, dessen Geschwindigkeit geregelt werden kann (ELMO GS 1200) oder ein regelbares Tonbandgerät (Sony TC 510-2). Ich arbeite lieber mit einem regelbaren Tonbandgerät.
 

ELMO G 1200
Sony TC 510-2

Dieses hat eine Taste, bei deren Lösung das Band sofort mit der richtigen Geschwindigkeit losläuft, weil sich die Capstan-Welle schon dreht.
Mit einem Kopfhörer höre ich nur die Leittextspur mit den Impulsen ab. Den Ausgang der Nutztonspur verbinde ich mit dem Toneingang des Projektors. Zunächst suche ich den Startimpuls auf dem Tonband, was durch die gesetzten Vorimpulse mühelos gelingt: Man hört „eins, zwei, drei, Start" mit den dazugehörigen Impulsen, und man kann durch den Rhythmus  punktgenau auf dem Startimpuls stoppen.
Nun wird der Projektor gestartet: Man sieht zuerst einen Punkt, dann zwei Punkte, dann drei und dann die Startmarke auf der Leinwand. Auch hier gelingt der Start des Tonbandes punktgenau ohne Schwierigkeit.
Nun sollte man den Film einmal ohne Aufnahme durchlaufen lassen, damit das Tonbandgerät auf die Laufgeschwindigkeit des Projektors angeglichen wird. Bei jedem Einstellungswechsel muss ein Impuls zu hören sein. Falls er nicht genau zum Bildwechsel ertönt, muss geregelt werden. Hat man die Reglerstellung für den eigenen Projektor einmal gefunden, kann man künftig mit dem Überspielen sofort beginnen. Beim Überspielen selbst muss ich nur ab und zu ganz geringe Korrekturen vornehmen. Starke Korrekturen wären als Tonhöhenschwankungen nicht zu akzeptieren.
Vor dem eigentlichen Überspielen muss die optimale Aussteuerung am Projektor überprüft werden. Man muss sich an den lautesten Stellen orientieren. Wenn das Masterband einwandfrei ausgesteuert wurde, braucht man sich dann um die Aussteuerung des Projektors nicht mehr zu kümmern. Keinesfalls darf die Aussteuerung aber einer Automatik überlassen werden!

Die besondere Konstellation:
Perfoband und Elmo-Projektor

Falls man mit dem Perfoband und dem Elmo-Projektor GS 1200 arbeitet, ist manches etwas einfacher. Das Perfoband bekommt eine Startmarkierung, und den Film lässt man bis zur Startmarke einlaufen. Der Projektor ist über den Synchro-Regler ER 610 von Pötter  mit dem Pötter-Perfoleser 707 verbunden.Elmo G 1200
 
 

Synchronregler ER 610 …

… und Perfoleser 707 von Pötter bilden eine
 perfekte Einheit
Perfoleser 707

Der Start des Perfobandes startet auch den Projektor (Bedienungsanleitung des GS 1200 beachten!). Die Vertonung mit dem Vierkanalgerät erfolgt genauso wie vorstehend beschrieben.
Um den Vorteil des Perfobandes zu nutzen, muss allerdings eines der Tonbandgeräte für „Slave-Betrieb" eingerichtet sein, denn es muss ja wieder auf ein synchron laufendes Perfoband bei der Mischung überspielt werden. Dazu braucht man noch den „Perfogrip-Baustein" von Pötter.  Wenn man ein solches Perfoband hat, braucht man den Leittext mit den Impulsen nicht mehr. Entweder man überspielt den Ton auf die Piste, oder man führt seine Filme mit bester Tonqualität im Zweibandverfahren vor.
Perfogrip MC

Der Pötter Perfogrip-Baustein komplettiert die
Synchronhilfen

Hat man mehrere Zweikanal-Geräte (Halbspur) mit Perfobandsteuerung, so kann man auf das Vierkanalgerät verzichten. Dem Aufwand an Apparaten sind keine Grenzen gesetzt. Was macht man aber, wenn man weder ein Vierkanalgerät noch durch Perfoband gesteuertes Tonbandgerät besitzt?

Vertonung mit 2-Kanal-Geräten
Da bleibt nur, auf die alte und mühsame Arbeit mit Signierband oder robustem Studioband zurückzugreifen. Zu jedem Impuls schreibe ich mit Fettstift (oder ich  kann auch mit Klebeband markieren) die Impulsnummer. Ganz gleich, ob man die Rückseite beschreibt oder beklebt, der Bandandruck an die Tonköpfe sollte nicht  durch Andruckfilze erfolgen, sondern nur durch den Bandzug. Alle Impulsnummern müssen mit dem Leittext, der sich auf sie  bezieht, in das Tondrehbuch eingetragen werden. Dann wird die Leittextspur gelöscht, so dass wieder zwei Tonspuren zur Verfügung stehen.
Die Vertonung erfolgt nun ähnlich wie früher beschrieben, nur muss der aufgenommene Kommentar jetzt nach den sichtbaren Markierungen auf eine Spur überspielt werden. Für die zweite Spur muss man schon auf dem Zuspielband Vorbereitungen treffen, dass man dann auf die zweite Spur aufbringt. Das Zuspielgerät muss allerdings eine voneinander unabhängige Aufnahme beider Spuren erlauben.
Die Überspielung auf die zweite Spur erfolgt über ein Mischpult. Es leuchtet ein, dass man auf diese Weise keine punktsynchronen Geräusche erzielen kann. Braucht man diese Punktsynchronität an einigen Stellen aber unbedingt, so muss man diese Geräusche in die Kommentarpausen legen. Während des Kommentars achtet man weniger auf die Geräusche. Wie man das macht, wurde vorher schon ausgeführt.
Eine besondere Schwierigkeit bereitet die Überspielung auf Piste. Auf jeden Fall muss man denselben Projektor und dasselbe Tonbandgerät benutzen, das man auch zur Aufnahme des Leittextes benutzt hat. Das Tonband wird auf den gut sichtbaren (nicht mehr hörbaren!) Startimpuls eingestellt. Auf der Leinwand erscheinen nun die Punkte „eins", zwei", „drei" und dann die Startmarkierung. Es macht durch den vorgegebenen Rhythmus keine Schwierigkeiten, das Tonband genau mit der Startmarkierung zu starten. Wenn der Film nicht zu lang ist, laufen Bild und Ton  nicht auseinander. Ein Helfer muss während des Überspielens den Ton mischen. Wenn man vorher eine Mischung vornimmt, indem man auf ein anderes Tonband überspielt, kann keine Synchronität garantiert werden. Ich halte es für unmöglich, die Leinwand und die Markierungen auf dem Tonband gleichzeitig im Blick zu behalten.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, Leittext und Impulse einer Spur zu erhalten. Dann hat man nur eine Nutzspur zur Verfügung. Dementsprechend muss man die zwei Kanäle des Zuspielgerätes beim Überspielen auf die Nutzspur mischen. Notgedrungen geht das nur stückweise. Die schwierige Vorbereitung wird auf die Anfertigung des Zuspielbandes verlegt, die zweite Spur muss synchron zur ersten liegen. Schon der Ton auf der ersten Spur kann durch die Mischung von zwei Kanälen des vorher zur Leittextaufnahme benutzten Gerätes erzeugt sein. Die abschließende Überspielung auf die Filmpiste ist dann nicht mehr schwierig.